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Weltbienentag: Imkern auch in der Stadt

von Redaktion

ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer zum Trend „urban beekeeping“

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat den 20. Mai als World Bee Day – also Weltbiehnentag – ausgerufen. Das Halten von einigen Bienenvölkern und das Produzieren des eigenen Honigs liegt auch bei uns voll im Trend. Dabei ist noch nicht einmal ein eigener Garten oder eine lĂ€ndliche Umgebung vonnöten. Immer mehr Stadtbewohner entdecken die Honigbiene als Haus- und Nutztier. Parkanlagen, HausgĂ€rten, Alleen, verwilderte GrundstĂŒcke, ja selbst Verkehrsinseln und Balkonpflanzen bieten den Bienen stets einen reich gedeckten Tisch. Doch wo viele Menschen und Tiere auf engem Raum zusammenkommen, ergeben sich immer auch rechtliche Fragen. Die beantwortet der ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer.

 

Darf man ĂŒberhaut ohne Weiteres auf dem eigenen GrundstĂŒck Bienen halten?

Tobias Klingelhöfer: Ja! Gesetzlich ist es zumindest grundsĂ€tzlich nicht verboten, auf seinem eigenen GrundstĂŒck eine Imkerei in beliebig großem Umfang zu betreiben. Das Gleiche gilt auch fĂŒr ein fremdes GrundstĂŒck, das der Imker zu diesem Zweck gepachtet hat oder fĂŒr das ein EinverstĂ€ndnis des EigentĂŒmers vorliegt.

 

Gilt das auch, wenn sich Nachbarn – z. B. durch besonders viele Bienenvölker – gestört fĂŒhlen?

Tobias Klingelhöfer: Aus § 906 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich fĂŒr den Nachbarn die Pflicht, Bienenflug zu tolerieren, wenn die Nutzung seines GrundstĂŒckes dadurch nicht oder nur unwesentlich beeintrĂ€chtigt wird. Geht die BeeintrĂ€chtigung ĂŒber das zu tolerierende Maß hinaus, greift der § 1004 BGB! Dieser gibt dem EigentĂŒmer eines GrundstĂŒckes einen Anspruch auf Beseitigung gegenwĂ€rtiger und Unterlassung drohender wesentlicher BeeintrĂ€chtigungen. Der Nachbar kann sich also gegen BeeintrĂ€chtigungen seines GrundstĂŒckes wehren.

 

Wann ist eine BeeintrÀchtigung durch Bienen denn wesentlich?

Tobias Klingelhöfer: Ob eine wesentliche BeeintrĂ€chtigung vorliegt, richtet sich nach dem Empfinden eines verstĂ€ndig wertenden Durchschnittsmenschen. Auf dieser Grundlage findet eine InteressenabwĂ€gung statt. Dabei werden Schwere und Dauer der Einwirkung berĂŒcksichtigt, die Lebensgewohnheiten der Menschen im Umfeld und die Zweckbestimmung des beeintrĂ€chtigten GrundstĂŒcks. Die Auslegung ist also stets eine Frage des Einzelfalls. Beispielsweise sind BeeintrĂ€chtigungen durch einen oder zwei Bienenstiche in der Regel unwesentlich; genau wie Verschmutzungen durch Bienenexkremente, insbesondere an WĂ€schestĂŒcken und Fahrzeugen, hervorgerufen durch den Reinigungsflug der Bienen zu FrĂŒhjahrsbeginn.

 

Trotz allem haben viele Menschen Angst vor Bienenstichen. Was sagen die Gerichte?

Tobias Klingelhöfer: Das Halten von Bienen in einem reinen Wohngebiet ist gestattet, auch wenn der Stich einer Biene fĂŒr Allergiker oder  Menschen mit Vorerkrankungen unter UmstĂ€nden eine Gefahr darstellen könnte. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-WĂŒrttemberg in einem konkreten Fall. Demnach kann sich der Nachbar eines WohngrundstĂŒcks nur dann gegen die Bienenhaltung wehren, wenn der BienenzĂŒchter gegen das Gebot der gegenseitigen RĂŒcksichtnahme verstĂ¶ĂŸt und wenn der Nachbar in seiner GrundstĂŒcksnutzung durch den Bienenflug nachhaltig gestört wird. Unannehmlichkeiten, die den Grad einer Störung noch nicht erreicht haben, stellen hierbei aber noch keine GrĂŒnde dar, um dem BienenzĂŒchter das Halten der Bienen zu untersagen. Die Angst des Nachbarn vor einem Stich spiele demnach keine Rolle (5 S 2352/92).

 

Wie sieht es im Kleingartenverein aus. Darf in der Satzung das Imkern untersagt werden?

Tobias Klingelhöfer: Ist der Kleingartenverein ins Vereinsregister beim Amtsgericht eingetragen (erkennbar an dem Zusatz „e.V.“), so ist er eine juristische Person im Sinne des BĂŒrgerlichen Gesetzbuches und darf sich eine eigene Satzung geben. Die Satzung besitzt den Charakter einer normartigen Regelung des Vereinslebens. Untersagt sie auf den zum Verein gehörenden Parzellen das Halten von Bienenvölkern, ist das dann durchaus rechtens. Ist laut Satzung die Einwilligung der Nachbarn vonnöten, reicht es unter UmstĂ€nden, wenn ein Nachbar seine Einwilligung verweigert: Zwar kommen KleingĂ€rtner nicht umhin, wilde Insekten wie Wespen, Hummeln und MĂŒcken zu dulden – deshalb ist auch die Duldung von Bienen naheliegend. Hat der Nachbar allerdings eine Allergie gegen Bienengift, muss seine Verweigerung des EinverstĂ€ndnisses akzeptiert werden.

 

Reicht die bloße Behauptung, allergisch zu reagieren aus, um Nachbarn das Imkern zu untersagen?

Tobias Klingelhöfer: Die Behauptung, eine Allergie zu haben, wird immer hĂ€ufiger auch im Rechtsstreit als Argument gegen Bienen vorgetragen. Ob tatsĂ€chlich eine – vielleicht sogar lebensbedrohende – Allergie gegen Bienengift vorliegt, kann nur ein Arzt feststellen. Eine bloße Behauptung ist solange ausreichend, bis sie von der anderen Seite bestritten wird. Dann muss der Vortragende im Zivilprozess seine Behauptung beweisen.

 

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