Zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fällt das Fazit des Deutschen Tierschutzbundes durchwachsen aus. Die Beschlüsse des Rats zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Eine Überarbeitung der EU-Transportverordnung wurde angestoßen – nicht aber der Schlacht-Verordnung. Die Frage, ob das auf den Weg gebrachte Tierwohlkennzeichnen ein wirkliches Mehr an Tierschutz bringen wird, bleibt offen. Und trotz der Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus auf Nerzfarmen und der Grundsatzdiskussion über der Pelztierhaltung fehlt bis jetzt ein einheitliches Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten.
„Auch wenn Corona viele der wichtigen Diskussionen überlagerte, wurde die große Chance für Deutschland, Tierschutzthemen in der EU endlich wesentlich voranzubringen, vertan. Es wurde viel geredet, aber zu wenig aktiv unternommen“, kommentiert Jürgen Plinz, Präsidiumsmitglied des Deutschen Tierschutzbundes, der den Verband auch im Vorstand der europäischen Dachorganisation Eurogroup for Animals vertritt.
Weiterhin Nachbesserungsbedarf im „Nutztier“bereich
Obwohl durch die Ratsbeschlüsse zur GAP erstmalig auch Tierschutzmaßnahmen durch Direktzahlungen finanziell gefördert werden sollen, werden vor allem weiter Landwirte, die viel Fläche besitzen, profitieren. Um die selbst gesteckten ambitionierten Klimaziele zu erreichen, hätte aus Tierschutzsicht zudem ein umfassenderer Systemwandel der Agrarpolitik eingeleitet werden müssen. Strengere Regeln für Tiertransporte in Drittstaaten wurden in den Ratssitzungen thematisiert und die Vorsitzende Julia Klöckner setzte sich im Untersuchungsausschuss zu Tiertransporten des EU-Parlaments für eine Überarbeitung der Transport-Verordnung ein. Die Überarbeitung der Schlacht-Verordnung war allerdings kein Thema. Hinsichtlich der Vereinbarkeit der Immunokastration von Schweinen im Ökobereich kam es zu keiner Klärung mit der Kommission. Die Befürwortung eines EU-weiten Tierwohlkennzeichens durch den Rat war ein erster wichtiger Schritt. Allerdings besteht Grund zur Sorge, dass die Kriterien zu niedrig angesetzt werden, um allen Mitgliedstaaten die Teilnahme zu ermöglichen. Das wäre für die Tiere in der Landwirtschaft ein katastrophales Ergebnis. Entscheidend ist aus Sicht der Tierschützer, dass am Ende ein verpflichtendes Kennzeichen steht, welches flächendeckend das Tierwohl deutlich erhöhen kann.
Corona auf Nerzfarmen: Keine einheitliche Strategie
Nach der Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus auf europäischen Pelzfarmen und der Tötung von über 18 Millionen Nerzen, gibt es noch immer keine einheitliche und abgestimmte EU-weite Vorgehensweise – geschweige denn eine Strategie zum Ausstieg aus der Pelztierzucht. Der Deutsche Tierschutzbund hatte Klöckner – gemeinsam mit Vier Pfoten – zweimal schriftlich zum Handeln aufgefordert. Obwohl Klöckner die Grundsatzdiskussion über die Zukunft der Pelztierhaltung in Europa anregte, wäre eine deutlichere Positionierung wünschenswert gewesen. So gibt es auf EU-Ebene bis heute keine Ambitionen für ein klares EU-weites Verbot von Pelzfarmen.